Verbesserung von Reliefdaten durch 'shape from shading'
Dieser Text beschreibt einige der praktischen Probleme, die auftreten können, wenn man versucht, Höhendaten mit Hilfe der Schattierung in optischen Satellitenbildern zu verbessern. Einige der hier beschriebenen Techniken sind bei der Produktion der Karte von Sewernaja Semlja im nördlichsten Teil der Karte verwendet worden.
Die Idee bei shape from shading besteht darin, dreidimensionale Geometrieinformationen von der Schattierung eines beleuchteten Objektes abzuleiten. Bei der Anwendung dieses Ansatzes auf Reliefdaten ergeben sich eine Reihe von Problemen. Einen bereits existierenden Reliefdatensatz durch Informationen aus der Schattierung zu verbessern ist etwas einfacher, als die Geometrie komplett daraus abzuleiten, aber es gibt dennoch eine Reihe von praktischen Herausforderungen, die dabei auftreten.
Die Auswahl der Satellitenbilder
Damit man aus einem Satellitenbild Informationen über die Reliefgeometrie ableiten kann sind eine Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen:
- Am wichtigsten sind konstante optische Eingenschaften der Erdoberfläche in dem Bereich, wo man die Schattierung auswerten möchte. Ohne dies kann man die Interpretation eines einzelnen Bildes vergessen und auch mit mehreren Bildern gemeinsam wird die Interpretation sehr schwierig. Konstante optische Eingenschaften bedeutet entweder eine geschlossene Schneedecke oder ein natürlicherweise sehr homogenes Gebiet wie zum Beispiel Sandwüsten.
- Um die Behandlung von Schlagschatten zu vermeiden (was die Sache deutlich verkomplizieren würde), ist ein hoher Sonnenstand am Besten.
- Um gute Differenzierung von flachem Gelände zu erreichen, ist ein niedriger Sonnenstand besser.
In arktischen Gebieten bedeuten diese drei Punkte im Grunde, dass man nur in relativ flachem Gelände arbeiten kann, da der Sonnenstand nie sehr hoch ist und im Juni der Schnee bereits zu einem erheblichen Teil geschmolzen ist, wodurch die konstanten optischen Eingenschaften nicht mehr gegeben sind. Eine flache Gegend und Bilder von April/Mai sind also die besten Voraussetzungen.
'shape from shading' aus Einzelbildern
Für die Komsomolez-Insel hatte ich nur ein einziges gut geeignetes Bild zur Verfügung (LC81750012013112LGN01). Die Original-Reliefdaten von viewfinderpanoramas.org sind hier von recht schlechter Qualität - basierend auf alten sowjetischen Karten aus den 1950er Jahren mit 20m Höhenlinien-Intervallen. Die Idee bei 'shape from shading' aus Einzelbildern besteht darin, die Oberflächennormale aus der Schattierung abzuleiten (was schon einige fragwürdige Annahmen erfordert) und das Relief dann so zu verändern, dass das geänderte Relief mit den geschätzten Oberflächennormalen besser übereinstimmt. Das hört sich kompliziert an, ist aber eigentlich recht einfach, wenn man es iterativ angeht.
Das Problem dabei ist jedoch, dass das resultierende Relief recht anisotrop ist. Ob eine Struktur der Erdoberfläche im schattierten Bild deutlich sichtbar ist hängt von ihrer Orientierung relativ zur Beleuchtung ab und nur wenn etwas in der Schattierung sichtbar ist kann es auch vom Verfahren berücksichtigt werden. Um diesen Anisotropieeffekt zu verringern habe ich die Gewässerdaten als weitere Informationsquelle für die Reliefrekonstruktion genutzt. Dennoch ist in der Karte am Ende eine gewisse Anisotropie sichtbar.
Original-Relief | Satellitenbild und Flüsse | Verbessertes Relief |
Die Verwendung mehrerer Bilder
Um die Verwendung mehrerer Bilder zu behandeln verwende ich ein anderes Beispielgebiet: Die Hayes-Insel in Franz-Josef-Land. Unterhalb kann man die Kartendarstellung aus der Karte von Franz Josef Land sehen. Die Reliefdaten sind etwas besser als im Norden der Komsomolez-Insel aber die sehr charakteristischen geraden Felsrücken, welche sich über die ansonsten flache Insel ziehen und welche in den Satellitenbildern gut zu erkennen sind, sind hier augrund der geringen Auflösung nicht sichtbar.
Karte aus den Original-Reliefdaten | Satellitenbild 1 | Satellitenbild 2 |
Wenn ich hier den zuvor beschriebenen Einzelbild-Ansatz verwende erhalte ich das folgende Bild:
Die Felsrücken sind nun gut in den Höhenlinien zu erkennen, aber man beachte, dass sich der Steilabfall im Osten der Insel in einen almählich abfallenden Hang verwandelt hat. Dies hat den selben Grund wie die zuvor diskutierte Anisotropie - die Sonne steht in SSW und beleuchtet den Steilabfall somit nicht gut, da dieser hierfür in die falsche Richtung verläuft.
Ideal wäre es, wenn man ein zweites Satellitenbild hätte, in dem die Sonne aus einer deutlich anderen Richtung scheint, idealerweise im 90 Grad-Winkel zum ersten Bild. Hier ist ein soches Bild jedoch nicht zu bekommen. Die zwei zur Verfügung stehenden Bilder unterscheiden sich in der Beleuchtungsrichtung nur um etwa 8 Grad - bedingt dadurch, dass sie aus verschiedenen überlappenden Umläufen des Satelliten stammen, welche das Gebiet zu etwas unterschiedlichen Zeiten abdecken. Der kleine Unterschied in der Beleuchtungsrichtung erzeugt die größten Unterschiede in der Schattierung jedoch gerade in den Bereichen, die in den Einzelbildern am schlechtesten herausgearbeitet sind. Durch Analyse dieser Unterschiede lässt sich damit die Oberflächennormale in diesen Bereichen wesentlich beser schätzen. Das Ergebnis sieht man im nächten Bild:
Der Steilabfall ist immer noch etwas weniger steil als in den Originaldaten aber gegenüber der Einzelbild-Version deutlich verbessert. Man kann auch sehen, das die verschiedenen Biegungen und Knicke im Kliff, welche in den Originaldaten nicht vorhanden waren, jetzt sichtbar sind. Mit der Verwendung der Differenz wischen den beiden Bildern als zusätzliche Informationsquelle erhält man allerdings auch neue Fehler und Rauschen in den Daten, so dass man am Ende einen gewissen Kompromiss eingehen muss.
Schlussbemerkungen
Es sollte betont werden, dass obwohl ich durch 'shape from shading' die Reliefdaten mit zusätzlichen Details verbessern konnte es natürlich keinen Weg gibt, aus den Schattierungsinformationen mit Genauigkeit quantitative Höhenwerte abzuleiten. Man kann aber natürlich die Abweichung von den Originaldaten auf einen gewissen Bereich beschränken (hier wurden 30m gewählt).
Christoph Hormann, Januar 2014
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